Rechtsfragen rund um die Rettung von Rehkitzen: Was Landwirte wissen sollten

Jedes Jahr im Frühjahr sind zahlreiche Rehkitze den Mäharbeiten zum Opfer gefallen, verletzt oder gar getötet. Diese tragischen Vorfälle können nicht nur für Landwirte mit Geld- und sogar Freiheitsstrafen geahndet werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass jeder Landwirt proaktive Maßnahmen ergreift, um diese jungen Tiere zu schützen.

Aufgrund der sich verändernden klimatischen Bedingungen und der zunehmenden Verfügbarkeit von Futter setzen Ricken ihre Jungen immer früher ab. Dies führt dazu, dass einige Landwirte bereits vor Ostern mit dem Mähen beginnen. In Anbetracht dieser Entwicklung ist es unerlässlich, sich frühzeitig mit dem Thema Rehkitzrettung auseinanderzusetzen.

Die Rehkitze werden von ihren Müttern in Wiesen und Anbauflächen für Futter abgelegt und ducken sich instinktiv, wenn sich das gefährliche Mähwerk nähert. Ohne rechtzeitige Entdeckung fallen sie den Mäharbeiten zum Opfer.

Die rechtliche Situation bei der Rettung von Rehkitzen

Wer trägt die Verantwortung für das Absuchen der Wiese nach Rehkitzen: Der Landwirt, der Jäger oder der Fahrer, der die Wiese mäht (zum Beispiel bei der Beauftragung von Lohnunternehmen)?

  • Gemäß Artikel 20a des Grundgesetzes ist der Tierschutz als Staatsziel festgelegt. Das bedeutet, dass bei der Mahd alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Tiere bestmöglich zu schützen.
  • Gemäß § 1 des Tierschutzgesetzes ist es untersagt, Tieren ohne gerechtfertigten Grund Leid, Schmerz oder Schaden zuzufügen.
  • Gemäß § 3 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) obliegt es dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Jagdrecht ausgeübt wird, die Wildtiere zu pflegen und zu hegen. In den meisten Fällen ist dieser Eigentümer der Landwirt, da das Jagdrecht auf seinem Grund und Boden liegt und nur in speziell festgelegten Jagdbezirken gemäß den §§ 4 ff. BJagdG ausgeübt werden darf.
  • Gemäß § 39 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ist es verboten, wildlebende Tiere ohne gerechtfertigten Grund zu verletzen, zu töten oder unnötig zu beunruhigen. Die Durchführung der Mahd ohne angemessene Schutzvorkehrungen stellt keinen vernünftigen Grund dar, um Tiere zu gefährden oder zu verletzen. Nach dem Verursacherprinzip liegt die Hauptverantwortung für die Sicherheit der Tiere auf dem Land bei dem Landwirt und dem Fahrer/Maschinenführer. Obwohl der Jagdausübungsberechtigte eine Mitverantwortung hat (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 BJagdG – Hegepflicht), trägt letztendlich der Landwirt die Verantwortung für die potenzielle Gefährdung der Tiere durch die Mähmaßnahmen.
  • Der Landwirt trägt zusätzlich die Verantwortung für die Hege der Wildtiere. Die Erhaltung eines gesunden und vielfältigen Wildbestands ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, die sowohl den jeweiligen Eigentümern als auch den Pächtern obliegt. Gemäß der Rechtsprechung ist der Landwirt verpflichtet, alle angemessenen Vorkehrungen zu treffen, um das Töten von jungen Wildtieren während der Ernte zu verhindern. Selbst wenn ein Lohnunternehmer beauftragt wird, entbindet dies den Landwirt nicht automatisch von dieser Verantwortung. Vielmehr muss der Lohnunternehmer ausdrücklich beauftragt werden und die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zuverlässig umsetzen.

Rehkitzrettung: Ist die Suche verpflichtend?

Wenn man Vergrämungsmaßnahmen aufstellt (optisch oder akustisch), entfällt dann die Pflicht zur Kitzsuche?

Die Frage, ob die Suche nach Rehkitzen verpflichtend ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, da die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen von verschiedenen Faktoren abhängt. Insbesondere bei sehr jungen Rehkitzen können einige Maßnahmen möglicherweise nicht ausreichend wirksam sein, was die Notwendigkeit zur Suche nach den Kitzen betont. Daher ist es von großer Bedeutung, dass der Jagdausübungsberechtigte frühzeitig informiert wird, um gegebenenfalls die Suche nach den Kitzen zu koordinieren. Um die Ricke dazu zu bringen, die Kitze aus dem Feld zu führen, sollten Vergrämungsmaßnahmen idealerweise am Vorabend der Mahd durchgeführt werden. Eine enge Zusammenarbeit und Absprache zwischen dem Landwirt und dem Jagdausübungsberechtigten ist im beiderseitigen Interesse, um das Risiko des Mähens von Kitzen zu minimieren. Es ist wichtig, Konflikte über Zuständigkeiten und Verpflichtungen zu vermeiden, um eine effektive Zusammenarbeit sicherzustellen.

Rehkitzsuche: Wann ist der optimale Zeitpunkt für die Suche?

Was ist die maximale Zeitspanne zwischen der Suche und der Mahd, die empfohlen wird?

Um das Risiko des Vermähens von Rehkitzen zu minimieren, ist es ratsam, die Suche nach den Kitzen so eng wie möglich mit der geplanten Mahd zu koordinieren. Vergrämungsmaßnahmen sollten mindestens einen Tag vor der Mahd durchgeführt werden, aber höchstens zwei Tage vorher, um eine Gewöhnung der Kitze an diese Maßnahmen zu vermeiden. Sollten während der Suche nach den Kitzen (beispielsweise mit Hilfe von Drohnen) welche entdeckt werden, ist es wichtig, sie so kurz wie möglich außerhalb des zu mähenden Gebiets zu fixieren, um sicherzustellen, dass sie nicht zurückkehren und in Gefahr geraten.

Achtung Strafe: Das droht bei Mähtod

Was kann passieren, wenn keine ausreichenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden und ein Rehkitz zu Schaden kommt?

Gemäß § 17 des Tierschutzgesetzes können bei einem Verstoß gegen die genannten Gesetze eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Ein Verstoß liegt vor, wenn einem Wirbeltier ohne gerechtfertigten Grund Schmerzen, Leiden, länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt werden, sei es absichtlich oder als mögliche Folge einer Handlung, die billigend in Kauf genommen wird.

Obwohl kein Landwirt oder keine Landwirtin die Absicht hat, Tiere bei der Mahd zu töten, kann ein Verstoß vorliegen, wenn keine angemessenen Vorsorgemaßnahmen ergriffen wurden, insbesondere wenn im Vorjahr Rehkitze auf der Fläche gesichtet wurden oder bereits ein Kitz durch die Mahd verletzt oder getötet wurde. Daher ist es ratsam, die Mahd zu unterbrechen und Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um rechtssicher zu handeln.

Es gibt bereits verschiedene Gerichtsurteile zu diesem Thema, die von Freisprüchen über Geldstrafen bis zu rund 4.200 Euro und einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung reichen.

Lassen Sie sich unterstützen und bitten Sie die Rehkitzrettung Marcardsmoor um Mithilfe!

Melden Sie sich unter 0162 6478119 oder verwenden Sie unser Kontaktformular.